Patienteninformation

Liebe Patienten, hier finden Sie etwas Aufklärung zum Thema Steigerungsfaktor:

1. Wenn der 4-, 5- oder 6-fache Satz berechnet wird, ist das nicht das 4-, 5- oder 6-fache dessen, was der Arzt beim gesetzlich versicherten Patienten bekommt, sondern das x-fache eines vor Jahrzehnten festgelegten Betrages.

2. Die Gebührenordnung für Ärzte und Zahnärzte, datiert von 1965 als zunächst BUGO-Z (Bundesgebührenordnung für Zahnärzte), wurde 1988 kostenneutral (also ohne Erhöhung oder Anpassung) in die GOZ (Gebührenordnung für Zahnärzte) umgewandelt. Im Jahr 2012 wurde diese in die „neue GOZ“ umgewandelt, wobei der sogenannte Punktwert unverändert blieb. Dieser betrug im Jahr 1988 0,11 DM, also 11 Pfennig. Bei der Einführung des Euro wurde das zu 5,624 Cent umgerechnet und so beträgt er heute noch 5,624 Cent.

3. Der Punktwert ist der Faktor, mit dem die Multiplikation (4-, 6-, 8- oder z. B. 10-fach) erfolgt, wobei es keine Beschränkung auf die genannten Werte gibt und gegebenenfalls auch Faktor 10, 50 oder auch 100 möglich wäre.

4. Jede Leistung, z. B. die „Entfernung eines Zahnes“ hat einen bestimmten Punktwert. In diesem Fall 70 Punkte, das bedeutet im Faktor 1 3,94 € im Faktor 2, 3 9,05€. Dazu eine Betäubung zu 60 Punkten bedeutet im Faktor 1 3,37€ und im Faktor 2, 3 7,76€. Damit ist die gesamte Behandlung abgegolten, also mit insgesamt 16,81€ für die komplette Tätigkeit mit dem 2-, 3-fachen Faktor. Im Vergleich dazu ergibt die exakt gleiche Behandlung beim gesetzlich versicherten Krankenkassenpatienten 11,91€ plus die Betäubung nochmal 14,29€, also insgesamt 26,20€. Das bedeutet, dass der Zahnarzt beim Kassenpatienten fast 10€ oder 56% mehr für die exakt identische Leistung bekommt als beim privat versicherten Patienten zum 2-,3-fachen Satz.

5. Bezogen nur auf das Jahr 1988 (von 1965 gar nicht zu reden), hat es bis 2012 einen Preisanstieg von 61% gegeben, was einem jährlichen Anstieg von 2,15% entspricht, während der Punktwert seit 1988 nicht erhöht wurde.

6. Für die Abrechnung der gesetzlich versicherten Patienten hat wenigstens eine ca. 1%-tige Erhöhung jährlich stattgefunden.

7. Das führt z. B. dazu, dass für eine Füllung an einem Schneidezahn der ca. 4-fache Faktor zu berechnen ist, nur um auf den gleichen Betrag zu kommen, den der Zahnarzt für die gleiche Leistung bei einem gesetztlich versicherten Krankenkassenpatienten bekommt.

8. Im Gegensatz zu Ärzten und Zahnärzten haben die Gebührenordnungen anderer freier Berufe (Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Architekten, Steuerberater etc.) einen Automatismus, der eine Steigerung an die allgemeine Preisentwicklung koppelt.

9. Sicherlich ein Grund hierfür ist die große Anzahl an Bundes-, Landes-, Kreis- und sonstigen öffentlichen Angestellten wie z. B. Berufsfeuerwehrleuten, Polizisten, Lehrer sowie Post- und Telekombeamter, bei denen ein Teil der Behandlungskosten von den entsprechenden Behörden übernommen werden muss. Eine Anhebung der Punktwerte für Ärzte und Zahnärzte würde zu deutlichen staatlichen Mehrausgaben führen, die der Gesetzgeber so vermeidet.

10. Eine Klage gegen diese Praktiken der Behörden wurde vor ein paar Jahren vom Bundesverfassungsgericht abgewiesen mit dem Hinweis, Ärzte und Zahnärzte mögen bitte die Faktoren im Rahmen der allgemeinen Kostensteigerung erhöhen.

11. Das führt aber zu Problemen mit den öffentlichen Versicherungen, den sogenannten Beihilfen, und sonstigen privaten Versicherungen. Im Fall der Stadt Köln wird sogar pauschal nur der 2-,3-fache Satz erstattet.

12. Eine andere Möglichkeit der Berechnung existiert leider nicht, ebenso keine andere Möglichkeit, den allgemeinen Preisanstieg zu kompensieren.

13. Auch für gesetzlich versicherte Patienten ist eine Berechnung über die private Gebührenordnung notwendig, wenn es sich um Leistungen handelt, die nicht im Katalog der gesetzlichen Krankenkassen vorhanden sind, wie z. B. Implantate, Vollkeramikkronen, Professionelle Zahnreinigung oder zahnfarbene Füllungen im seitlichen Bereich.

14. Da alle Rechnungen und Pläne bei Privat- und Kassenpatienten sowohl von unserer Kassenzahnärztlichen Vereinigung als auch von Seiten der Krankenkassen (sei es nun gesetzlich, privat oder Beihilfe) auf Vollständigkeit, Richtigkeit und Plausibilität geprüft werden, ist eine wie auch immer geartete Modifikation nicht möglich.

15. Es gibt je nach Versicherungsvertrag oder Beihilfestelle zusätzliche spezielle Einschränkungen, wie z. B. nur eine bestimmte Anzahl von Implantaten.

16. Trotz gegenteiliger eindeutiger Rechtslage streichen gerade Beihilfen ungerechtfertigt Leistungen aufgrund von Anordnungen „von oben“. Das führt dazu, dass diese völlig rechtmäßigen Leistungen ohne erkennbare Gründe gestrichen werden. Dieses kann leider nur durch den Versicherten im Rahmen eines Widerspruchs bekämpft werden.

17. Dass die Leistungen korrekt abgerechnet werden und gerechtfertigt sind, zeigt sich für die Beihilfepatienten darin, dass die meist zusätzlich vorhandene Privatversicherung diese ohne Kommentar und Diskussion erstattet.

18. Materialkosten, Energie wie Strom und Gas, Praxismiete und natürlich auch die Gehälter sind in den Jahren kontinuierlich gestiegen, besonders aber in den letzten Jahren. Eine moderne Medizin ist nicht zu den Preisen von 1988 machbar.

19. Wir hoffen hiermit zu mehr Klarheit beigetragen zu haben. Alle obigen Informationen lassen sich selbstverständlich auf offiziellen Webseiten des Bundes nachprüfen.

Ihr Praxisteam

Dr. Kirch & Kollegen